windvinder.

vor kurzem -das war noch vor fukushima- saß ich des nachts in der lutherstrasse mit meinem nachbarn, der ein bootsbauer ist,  auf einen absacker in der küche, und er erzählte mir von einer sache, in die er involviert ist, von der ich noch nie gehört hatte.



da draussen, am anderen ende der welt, gleitet ein unbemannter trimaran mit wunderschön geschwungenen, durchsichtig-zarten rümpfen über den stillen ozean, auf der suche nach dem ursprung des windes!

er heisst windvinder.





angetrieben durch eine insektenaflügelartig wirbelnde windturbine fährt er ausschliesslich gegen den wind.
er kann nicht anders.
hin und wieder wird er von fischern gesichtet oder auf den strand einer insel gepült. auf jedem seiner hölzernen einzelteile steht in 45 sprachen eingebrannt eine anleitung, ihn zu reparieren, zu verbessern, und wieder auf dem pazifik  auszusetzen. wie eine flaschenpost.


an bord gibt es kein navigationssystem, durch dessen signale man das boot verfolgen könnte, und es fährt auch keine kamera mit.  was die erbauerin, die wilhelmshavenerin wipke iwersen interessiert, ist die weiterentwicklung des windvinders. wo genau er ist, weiss sie eigentlich nie.
es gibt eine sms-nummer an bord und eine kontaktadresse, und ab und zu kommen nachrichten in fremden sprachen oder auch zeichnungen von den neuesten umbauten in wilhelmshaven an.
auf den inselgruppen ozeaniens ist das einsame gefährt bekannt " wie ein fliegender holländer", er wird oft gesehen und steht wie ein mythos für einen traum: die expedition zum ursprung des windes.
er symbolisiert die  freiheit, sich auf einem unmöglichen kurs zu befinden, und das völlig unabhängig von teuren treibstoffen.
die künstlerin wipke iwersen hat den trimaran gezeichnet, konstruiert und in einer stillgelegten amsterdamer werft gebaut, betrachtet ihn aber nicht als ihr eigentum, sondern hat ihn "losgelassen und der allgemeinheit übergeben".
jeder, der ihm begegnet und ihm etwas hinzufügt, ihn verbessert, oder ihn auch nur auf den richtigen sitz aller knoten überprüft, ist automatisch team-mitglied der "expedition zum ursprung des windes".  man kann auch für einige seemeilen auf ihm mitfahren, schon um zu sehen, ob auch alles noch oder wieder funktioniert, aber dann muss man ihn alleine weiterfahren lassen.
denn steuern lässt er sich überhaupt nicht. er bleibt beharrlich auf seinem kurs. deshalb wäre es auch quatsch, ihn klauen zu wollen. er gehorcht keiner menschenhand, er fährt dahin, wo der wind herkommt.



und genau daher weht der wind bei dem ganzen unterfangen: ein traum pflügt da durch das weltmeer. denn der ursprung des windes, wo soll der sein? irgendwo hinter dem horizont, in der ewigkeit. eine inspirationsmaschine, sagt mein nachbar dazu. ein kunstwerk, eine holz-und stoffgewordene philosophische idee.

nun soll dem windvinder nachgefahren werden. nicht etwa, dass wipke iwersen ihn finden will, das wäre eine eher unwahrscheinliche zufallsbegegnung, aber sie will im zuge einer weltumseglung all die geschichten aufschreiben, die einheimische von papua-neuguinea bis mikronesien mit ihm erlebt haben.

Kommentare

  1. das ist echt wunderbar sinnvoller unfug. charming zauberhaft. me like a lot! danke fürs berichten ♥

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