Landleben: Nachruf auf eine Katze mit Karriere
Was für eine liebe Katze sie war. Was für eine Geschichte.
Sie war die letzte von vieren, die David aus Amerika mitgebracht hat. Sicherlich war sein Verhältnis zu ihr besonders innig, weil er sie vor knapp 16 Jahren im Müll gefunden hat. Baby's Karriere, das war unser Running-Gag: von der Mülltonne in Hollywood zur Bürgermeister-Katze in Haby.... Zusammen mit ihren 7 Geschwistern war sie bei 40 Grad Hitze entsorgt worden und hatte das unglaubliche Glück, dem liebevollsten Katzenpapa aller Zeiten in die Hände zu fallen. 3 Wochen waren die kleinen Katzen alt, und David -nachdem er sie entfloht und "presentable" gemacht hatte, stellte sich mit ihnen in die Shoppingmall, wo er sie innerhalb einer Stunde alle los war. Nur eins von den kleinen Katzenkindern behielt er und nannte es Baby. Er zog es mit der Flasche auf. Nach ein paar Jahren zog die Familie nach Deutschland, mit Baby und ihren Freunden King, Koo und Amy, drei propperen Siamkatzen. Im Air-France-Jumbo (die einzige Fluglinie, die Katzen in der Kabine erlaubt) sassen die Tiere brav auf drei Schösse verteilt und sagten keinen Mucks. Auch ein Hotel fand sich, in dem die ersten Tage zusammen verbracht werden konnten, weil das Haus noch nicht bezugsfertig war. Nach zwei Jahren war David mit Naomi und den vier Katzen allein und ich kam dazu. Die Türen gingen auf und die Stubentiger entdeckten das Big Wide Open. Baby besuchte gern mal die Nachbarin, oft nach ihren langen Streifzügen roch sie auch nach Kamin, dann jumpte sie auf die Fensterbank vom "Chinese Room" und wollte reingelassen werden. Jeden Morgen um Punkt fünf hörte ich unterm Fenster ihre durchdringende Stimme. Dann hatte ich gefälligst durchs ganze Haus zu rennen und ihr das Badezimmerfenster aufzumachen. Einmal war sie ganz und gar vom Erdboden verschluckt, und David und ich liefen durch den halben Ort, "Baby, Baby" rufend....nichts. Nach zwei Stunden voller Sorge wieder zuhause, stand sie vor uns-hatte sich nach Katzenart unsichtbar gemacht. Vor sechs Jahren zogen wir nach Haby. Es galt, einige Revierkämpfe zu überstehen. Zehn Tage hintereinander Antibiotikaspritzen und Verbandwechsel. Das war alles, was ihr jemals an Verletzung oder Krankheit widerfuhr. Wenn wir losmussten und sie sollte reinkommen, ging ich durch den Garten und habe ganz leise ihren Namen geflüstert, da kam sie von irgendwo her ganz verlässlich an. Lautes Rufen oder gar Futterschütteln wurde geflissentlich überhört.
Ihr letzter Sommer. |
Ganze Sommer verbrachte sie in ihrer zur Ferienwohnung erklärten Garage. Da war sie dann ganz frei von Öffnungszeiten. Die letzten Jahre schlief sie bei David, den sie vom frühesten Morgengrauen an malträtierte, er sollte nicht schlafen, er sollte sie streicheln. Obwohl sie ein eher zurückhaltendes Wesen war, hatte man keine Chance, wenn sie ihre Streicheleinheiten haben wollte. Was man auch gerade tat, wichtige Post auf dem Laptop erledigen, stricken oder Kaffeetrinken, federleicht sprang sie einem auf den Schoss und kickte mit dem Kopf alles weg, was im Wege war. Bei mir war es einmal kochendheisser Kaffee aus der Jumbotasse. Uns fallen jetzt immer mehr solche Geschichten ein und ich werde diesen Eintrag immer weiter schreiben.
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