prora.
prora besteht ja gottseidank nicht nur aus diesen bedrohlichen adolf-hitler-blocks. die hab ich ja vor zwei jahren schon von nahem gesehen. in sehr positiver erinnerung habe ich den außergewöhnlich schönen breiten und langen strand mit dem für rügen typischen feinen, weissen sand. und eine kleine strandbar, schlicht mit weißen plastikstühlen, die ich gern nochmal näherer betrachtung unterzogen hätte. aber dann wußten wir nicht genau, wo das noch war, welchen parkplatz man nehmen muss, ach, und überhaupt, schon wieder diese blocks. keine kraft, keine freude. wir wollten, nein, falsch, ich, wollte ja auch nur ganz dringend in den großen trödel-shop. der machte aber erst in einer stunde auf.
da fanden wir -ein stück weiter- dieses kleinod.
zwei in eins. "ihre kette" drinnen so gruft-artig dunkel, daß man die etiketten der ragout-fäng-dosen und soleier-gläser gar nicht auf unangenehme zusatzstoffe hin untersuchen konnte. bizarrerweise inmitten des minimalen, sich auf den nötigsten camping-proviant beschränkenden angebots ein himmelblaues beach-cruiser-fahrrad für 500 euro. und ein durchgang zu einem bestuhlten schnellimbiss. wir fragen nach der zeit, womit wir die zeitung meinen. (mami ist süchtig nach dem rätsel). der wirt strahlt aus blauen augen und lacht mit weißen zähnen: "davon hätten wir auch gern mehr!" und ist ganz begeisert von seinem wortspiel. ansonsten: außer der ostsee-zeitung nix gewesen.
wir gehen in den imbiss und bestellen kaffee. ich streichele die kleine schwarze hündin, die brav auf der schwelle liegt und erfahre von ihrem am flipper sitzenden herrchen, daß sie betty heisst. wir setzen uns nach draußen. der kaffee ist erstaunlich gut. es ist mittagszeit und es kommen ein paar leute. alles einheimische, die ich um ihr rüg-kennzeichen beneide. ich weiß nicht, warum, aber ich wäre schon gerne insulanerin und führe sehr gerne meine rüganer nummer spazieren.
ein insider-treff. man kennt sich. es gibt eier in senfsoße und hamburger schnitzel. alles sieht erstaunlich gut aus, dampfende kartoffelberge, eindeutig mit liebe gekocht.
wir müssen noch zeit totschlagen, ich hole eine zweite ladung kaffee. drinnen haben sich ungefähr fünf männer angesammelt.
"gar kein strandwetter heute", sagt der hundebesitzer zu mir, während ich auf den kaffee warte.
"och", sage ich, "nicht so schlimm, strand haben wir in kiel selber, wir wollen in die trödel-halle."
alle reagieren irgendwie, und das nicht gerade positiv.
"und was versprechen sie sich davon?"
"ach, da stöbere ich gern in den büchern und vielleicht finde ich ein bisschen alte ost-romantik."
der hunde-mann, ganz aufgehellt: "die waren nicht so schlecht, die ostzeiten, was?"
der wirt, sehr gut und frisch aussehendes gemüse auf einen teller häufend, ruft rüber: "kennt sie doch nicht!"
der junge typ am daddelautomaten zum wirt hin: "aber so wie sie waren, wollen wir die ost-zeiten nicht wiederhaben!"
"nee, richtig, wir wollen die zwar gern wiederhaben, aber anders!"
so ist das mit vergangenheit.
als ich das erste mal in der trödelhalle war, war da eine ältere frau mit gerade auf kinnhöhe abgeschnittenen haaren und intellektueller hornbrille, die mich verblüffte, indem sie sich über ihren tresen lehnte und sagte: "was wollen sie denn dafür geben? bei uns werden die preise im kollektiv erarbeitet!" und hinter jedem stück, das ich damals haben wollte, stand sie irgendwie. ebenso hinter prora übrigens. viele rüganer finden den "koloss" gar nicht schlimm, sondern wollen, dass etwas drin entsteht. (und nicht nur weiterhin als eines der vielen stillgelegten projekte von west-spekulanten weiter vor sich hin gammelt, und keiner weiss, was damit nun werden soll). als wenn die insel durch diese monströse historische aktion, die im rohbau stecken geblieben ist, beachtung durch die welt erfahren hat, von einem fortschrittsgedanken gestreift wurde. man kann ganz schön ins fettnäpfchen treten, wenn man sich mißbilligend über diese gruseligen bunker äußert, das haben wir mehrfach erlebt.
dieses mal war ich vom angebot der halle enttäuscht. es hatte sich gar nichts getan seit letztem jahr, keine neuen tollen trödel-sachen. in dem weitläufigen lager wehte ein hauch von stagnations-muff und lustlosigkeit.
ein paar wichtige dinge erstand ich doch.
zum beispiel diesen formschönen, gutgelaunten knoblauch-topf, ein kleiner küchenhelfer für aba.
in der mittlerweile heruntergekommenen bücherecke fand ich direkt neben der lenin-gesamtausgabe zwei bände, die ich mir sowieso gerade bei amazon gebraucht bestellen wollte.
zsolt von harsanyi: ungarische rhapsodie. der lebensroman franz liszts. und stefan zweigs novellen,die ich zwar irgendwo noch habe, aber wo, ist die frage.
diesmal saß hinter dem tresen ein sehr unfreundlicher mann. meine güte, war der unfreundlich! "fünf." war alles, was er mir entgegenmurrte. kein lächeln, kein gruß. blödmann.
ich wollte doch die preise im kollektiv erarbeiten!
nächstes jahr gehe ich gleich im kleinod bei dem netten wirt mit den strahlenden augen, der mit leib und seele seine gäste mit anscheinend prima essen bewirtet, senfeier essen und danach such ich die strand-bar.
mami, die mich zwischen abgebeizten kiefernschränken, bleiglas, gesammelten unmengen von villeroy& boch-steingut und rosengärten in öl großgezogen hat, die mich als kind über die wahren flohmärkte bis nach england hin geschleppt hat, die expertin und kennerin wirklich guten trödels, hat es ja immer schon gesagt, daß das hier nix ist.
da fanden wir -ein stück weiter- dieses kleinod.
zwei in eins. "ihre kette" drinnen so gruft-artig dunkel, daß man die etiketten der ragout-fäng-dosen und soleier-gläser gar nicht auf unangenehme zusatzstoffe hin untersuchen konnte. bizarrerweise inmitten des minimalen, sich auf den nötigsten camping-proviant beschränkenden angebots ein himmelblaues beach-cruiser-fahrrad für 500 euro. und ein durchgang zu einem bestuhlten schnellimbiss. wir fragen nach der zeit, womit wir die zeitung meinen. (mami ist süchtig nach dem rätsel). der wirt strahlt aus blauen augen und lacht mit weißen zähnen: "davon hätten wir auch gern mehr!" und ist ganz begeisert von seinem wortspiel. ansonsten: außer der ostsee-zeitung nix gewesen.
wir gehen in den imbiss und bestellen kaffee. ich streichele die kleine schwarze hündin, die brav auf der schwelle liegt und erfahre von ihrem am flipper sitzenden herrchen, daß sie betty heisst. wir setzen uns nach draußen. der kaffee ist erstaunlich gut. es ist mittagszeit und es kommen ein paar leute. alles einheimische, die ich um ihr rüg-kennzeichen beneide. ich weiß nicht, warum, aber ich wäre schon gerne insulanerin und führe sehr gerne meine rüganer nummer spazieren.
liebevoll designter aussensitz |
ein insider-treff. man kennt sich. es gibt eier in senfsoße und hamburger schnitzel. alles sieht erstaunlich gut aus, dampfende kartoffelberge, eindeutig mit liebe gekocht.
wir müssen noch zeit totschlagen, ich hole eine zweite ladung kaffee. drinnen haben sich ungefähr fünf männer angesammelt.
"gar kein strandwetter heute", sagt der hundebesitzer zu mir, während ich auf den kaffee warte.
"och", sage ich, "nicht so schlimm, strand haben wir in kiel selber, wir wollen in die trödel-halle."
alle reagieren irgendwie, und das nicht gerade positiv.
"und was versprechen sie sich davon?"
"ach, da stöbere ich gern in den büchern und vielleicht finde ich ein bisschen alte ost-romantik."
der hunde-mann, ganz aufgehellt: "die waren nicht so schlecht, die ostzeiten, was?"
der wirt, sehr gut und frisch aussehendes gemüse auf einen teller häufend, ruft rüber: "kennt sie doch nicht!"
der junge typ am daddelautomaten zum wirt hin: "aber so wie sie waren, wollen wir die ost-zeiten nicht wiederhaben!"
"nee, richtig, wir wollen die zwar gern wiederhaben, aber anders!"
so ist das mit vergangenheit.
als ich das erste mal in der trödelhalle war, war da eine ältere frau mit gerade auf kinnhöhe abgeschnittenen haaren und intellektueller hornbrille, die mich verblüffte, indem sie sich über ihren tresen lehnte und sagte: "was wollen sie denn dafür geben? bei uns werden die preise im kollektiv erarbeitet!" und hinter jedem stück, das ich damals haben wollte, stand sie irgendwie. ebenso hinter prora übrigens. viele rüganer finden den "koloss" gar nicht schlimm, sondern wollen, dass etwas drin entsteht. (und nicht nur weiterhin als eines der vielen stillgelegten projekte von west-spekulanten weiter vor sich hin gammelt, und keiner weiss, was damit nun werden soll). als wenn die insel durch diese monströse historische aktion, die im rohbau stecken geblieben ist, beachtung durch die welt erfahren hat, von einem fortschrittsgedanken gestreift wurde. man kann ganz schön ins fettnäpfchen treten, wenn man sich mißbilligend über diese gruseligen bunker äußert, das haben wir mehrfach erlebt.
dieses mal war ich vom angebot der halle enttäuscht. es hatte sich gar nichts getan seit letztem jahr, keine neuen tollen trödel-sachen. in dem weitläufigen lager wehte ein hauch von stagnations-muff und lustlosigkeit.
ein paar wichtige dinge erstand ich doch.
zum beispiel diesen formschönen, gutgelaunten knoblauch-topf, ein kleiner küchenhelfer für aba.
in der mittlerweile heruntergekommenen bücherecke fand ich direkt neben der lenin-gesamtausgabe zwei bände, die ich mir sowieso gerade bei amazon gebraucht bestellen wollte.
zsolt von harsanyi: ungarische rhapsodie. der lebensroman franz liszts. und stefan zweigs novellen,die ich zwar irgendwo noch habe, aber wo, ist die frage.
diesmal saß hinter dem tresen ein sehr unfreundlicher mann. meine güte, war der unfreundlich! "fünf." war alles, was er mir entgegenmurrte. kein lächeln, kein gruß. blödmann.
ich wollte doch die preise im kollektiv erarbeiten!
nächstes jahr gehe ich gleich im kleinod bei dem netten wirt mit den strahlenden augen, der mit leib und seele seine gäste mit anscheinend prima essen bewirtet, senfeier essen und danach such ich die strand-bar.
mami, die mich zwischen abgebeizten kiefernschränken, bleiglas, gesammelten unmengen von villeroy& boch-steingut und rosengärten in öl großgezogen hat, die mich als kind über die wahren flohmärkte bis nach england hin geschleppt hat, die expertin und kennerin wirklich guten trödels, hat es ja immer schon gesagt, daß das hier nix ist.
Als wäre man dabei gewesen ... :)
AntwortenLöschendanke :-)))
AntwortenLöschenWohldosierte Pinselstriche und eine gelungene kleine Rügenreportage!
AntwortenLöschen@ mkh: thank you so much!
AntwortenLöschenJetzt habe ich Fernweh oder besser Rügenweh ;-)
AntwortenLöschenIch träume ja noch von einem Cotton auf Rügen zusammenleben mit lieben Freunden. Arbeiten in einer kleinen HP-Praxis und ein kleines Atelier auf Hiddensee...
Nun ja, träumen darf man ja..:-)
@ allerleirauh: nur dürfte das ähnlich lukrativ sein wie musikunterricht geben auf diesem archipel ;)
AntwortenLöschenInsider-Treffs, Trödelhallen ... juhu ich war mit dabei in Rügen. Super schön für uns daheim geblieben.
AntwortenLöschenVielen leiben Dank sagt Dani
@ dani: aber bitte, gern!
AntwortenLöschenhallo gesche, söni hat mir eben deinen prora blog gezeigt.morgen, bevor ich mit herrn störtebeker verabredet bin,werde ich mal den schick gestylten imbiss aufsuchen und für den ollen piraten ne limo kaufen :) grüsse
AntwortenLöschen@ ingrid: du meinst, du bist auf rügen???? du willst dir ernsthaft störti reinziehen? ich glaube, da muss ich dir nochmal ein paar geheimtipps zukommen lassen :-)
AntwortenLöschenOh, geilomatic. Ich lese jetzt erstmal aufgeheitert weiter. Aber NB: Wenn Janni sagt, das is nix, dann is es nix!
AntwortenLöscheneben!
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